Bekämpfung von Kinderpornografie – Vorschläge aus Absurdistan

Zugegeben, es ist schon ein paar Tage her, dass der geschätzte Innenminister des Landes Niedersachsen seinen Vorschlag zum Thema Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet unterbreitet hat. Ich wollte allerdings nicht sofort etwas darüber schreiben, da ich die Verwendung von Schimpfwörtern wie Demagoge, Idiot, Rattenfänger, Dummschwätzer etc. aus prinzipiellen Gründen ablehne. Aber jetzt, nachdem ich ein paar mal tief Luft holen konnte, habe ich mich wieder im Griff. 😉

Zur Methode: Der Minister will die Provider verpflichten, ihren Kunden vorzuschreiben, Filtersoftware zu installieren, die den Zugang zu entsprechenden Seiten verhindert. „Die Provider sollten auch erkennen, ob die Filtersoftware beim Kunden aktiv ist, und diesem andernfalls den Zugang zum Internet verwehren.“ In einem ersten Schritt soll das für die Anbieter seines Bundeslandes gelten, in einem zweiten Schritt für alle Provider in Deutschland.

Was bedeutet das für den Kunden? Erst einmal, dass er unter einen Generalverdacht fällt, denn der Filter soll ja auf jedem einzelnen Computer laufen. Genial. Wie wäre es – Herr Minister – wenn wir den Bundestrojaner auch gleich verpflichtend auf jedem einzelnen Computer zum Einsatz bringen? Das wäre nur konsequent, denn schließlich sind wir alle nicht nur potentielle Kinderschänder sondern auch potentielle Terroristen!1elf

Jetzt zur Technik: Wer soll eigentlich diese Software entwickeln, nicht nur für Windows, sondern auch für Linux, BSD, MAC OS, PDAs, Handys, Spielekonsolen …? Und wer soll das bezahlen? Und wie soll kontrolliert werden, dass findige Benutzer den Filter nicht umgehen?

Und weiter: Wie soll eigentlich mit Firmen verfahren werden, wo z.B. 100 Benutzer hinter einem Router sitzen und über diesen ins Internet gehen? Sperrt man der ganzen Firma den Zugang, wenn auf einem Rechner der Filter fehlt?

Nunja, der Herr Minister scheint ja selbst nicht so richtig an die Wirksamkeit der ersten beiden Schritte seines Drei-Stufen-Planes zu glauben. Deshalb strebt er auch an, im letzten Schritt Filter bei den Providern selbst einzusetzen, die unerlaubte Inhalte ausfiltern sollen.

Wozu so etwas führen kann, zeigt ein anschauliches Beispiel aus Großbritannien, wo mal eben für einige Zeit ein kompletter Artikel auf Wikipedia (nicht nur das beanstandete Bild!) nicht erreichbar war.

Und anders herum: Wie will man mit Filtern beim Provider eigentlich mit Verbindungen klarkommen, deren Inhalte dieser nicht analysieren kann, weil sie verschlüsselt sind? Eben, das funktioniert nicht, es sei denn, man verböte verschlüsselte Verbindungen grundsätzlich.

Fazit: Ein Politiker versucht mit einem hochgradig emotional diskutiertem Thema Stimmung zu machen, immer nach dem Motto: Wir tun endlich etwas, uns sollte man wählen. Ich behaupte, dass die mangelden Kenntnisse der meisten Bürger – also Wähler – dabei ganz bewusst einkalkuliert werden. Das – und nicht nur Kinderpornografie – ist schlicht ekelhaft.

Ralph Lehmann * IT-Service